Unterricht

Besondere Förderung

Im Aargau hat gemäss Verfassung jedes Kind Anspruch auf eine seinen Fähigkeiten angemessene Bildung. Diese soll unabhängig von der sozialen Herkunft, dem Geschlecht, einer Behinderung oder Beeinträchtigung oder der ethnischen Zugehörigkeit chancengerecht erfolgen. Alle Schülerinnen und Schüler mit besonderem Bildungsbedarf haben Anrecht auf besondere Förderung.

Grundsätzlich werden alle Schülerinnen und Schüler in der Regelklasse unterrichtet. Kinder und Jugendliche mit speziellen Bedürfnissen sollen nicht ausgeschlossen werden, sondern den Unterricht mit der Jahrgangsklasse besuchen können. Integration schliesst jedoch nicht aus, dass Schülerinnen und Schüler vorübergehend in (teil-)separativen Angeboten (Logopädie, Deutsch als Zweitsprache, Gruppenangebote für Begabte etc.) gefördert werden.

Vielfalt in der Regelklasse

Die Vielfalt in der Regelklasse ist in den letzten Jahren verstärkt in den Fokus von Schule und Unterricht gerückt. Die Schule bewegt sich im Spannungsfeld von Individualität und Sozialität, von Integration und Separation sowie von heterogenen Norm- und Werteverständnissen. Sie will den einzelnen Kindern gerecht werden, muss aber auch das Wohl der Gemeinschaft im Blick haben. Kinder und Jugendliche mit besonderen Bedürfnissen werden möglichst in der Regelklasse gefördert. Sie können auch zeitweise einzeln oder in Gruppen gezielt gefördert werden. Verschiedene Förder- und Beratungsangebote sowie Förder- und Beurteilungsinstrumente stehen zur Verfügung. Für Schülerinnen und Schüler, die voraussichtlich längerfristig weniger bzw. mehr leisten als durch die Lernziele des Lehrplans vorgegeben ist, werden angepasste (reduzierte bzw. erweiterte) Lernziele formuliert.

Die Tragfähigkeit einer Schule sagt etwas darüber aus, wie gut es einer Schule gelingt, möglichst vielen Schülerinnen und Schülern mit unterschiedlichen Voraussetzungen entsprechen zu können.

Der Orientierungsraster "Umgang mit Vielfalt" beschreibt acht Dimensionen, welche die Tragfähigkeit der Schulen und Klassen direkt beeinflussen.

Orientierungsraster "Umgang mit Vielfalt" (PDF, 32 Seiten, 1,5 MB)

Organisation der Förderung

Die Ressourcen für den Umgang mit besonderen schulischen Bedürfnissen im Regelkindergarten bzw. in der Regelschule sind im Ressourcenkontingent der Schule enthalten. Entsprechend installiert jede Schule, unter Berücksichtigung der ihnen zur Verfügung stehenden Pauschalressourcen, autonom Fördersettings nach ihren eigenen Bedürfnissen.

Mögliche Settings im Rahmen der Pauschalressourcing sind:

  • Alternativer Lernort / Schulinsel oder Lernatelier
  • Begabtenförderung - Einzel-/Gruppenangebote
  • Berufswahljahr (auf Berufswahl fokussiertes 11. Schuljahr)
  • Deutsch als Zweitsprache - Einzel-/Gruppenunterricht, integrative oder (teil-)separative Angebote
  • Einschulungsklassen (EK)
  • Halbklassenunterricht
  • Integrations- und Berufsfindungsklasse (IBK)
  • Kleinklassen (KK)
  • Logopädie - Einzel-/Gruppentherapie
  • Schulische Heilpädagogik - Einzel-/Gruppenunterstützung
  • Teamteaching
  • Werkjahr (praxisorientiertes 11. Schuljahr)

Zusätzlich stehen folgende kantonal finanzierte Angebote zur Verfügung:

  • Regionale Integrationskurse (RIK)
  • Kantonale Gruppenangebote Begabtenförderung
  • Regionale Spezialklasse (RSK)

Die Schulleitung ist verantwortlich für den Ressourceneinsatz und die Realisierung eines Bildungsangebots mit einer möglichst grossen pädagogischen Wirkung für alle Schülerinnen und Schüler. Grundsätze und Kriterien des Ressourcen- und Personaleinsatzes zur Förderung von Kindern und Jugendlichen sind in den Leitlinien der Schule festgelegt. Für die gezielte und bedarfsorientierte Förderung von Kindern und Jugendlichen mit besonderen schulischen Bedürfnissen sind die pädagogische Haltung sowie die Partizipation der Lehr- und Fachpersonen und der Schule als Ganzes Gelingensbedingungen.

Hinweise zu pädagogisch wirksamem Ressourceneinsatz (PDF, 9 Seiten, 98 KB)

Zusammenarbeit im Förderprozess

Eine gelingende Zusammenarbeit aller Fachpersonen im multiprofessionellen Förderteam ist Voraussetzung dafür, dass die vorhandenen Ressourcen optimal genutzt werden können. Einzelne, nicht koordinierte Fördermassnahmen sind ressourcenintensiv, jedoch wenig nachhaltig. Um gut im Team arbeiten zu können, müssen gewisse Voraussetzungen gegeben sein. Der nachfolgende Leitfaden gibt hilfreiche Anregungen.

Leitfaden "Gemeinsam Perspektiven erweitern" (PDF, 30 Seiten, 1,0 MB)

Verantwortlichkeiten im Förderprozess

Kinder und Jugendliche mit besonderem Bildungsbedarf machen deutlichere Lernfortschritte, wenn die individualisierten Förderangebote mit dem gesamten Unterrichtsgeschehen verknüpft sind und dabei inhaltliche, soziale und didaktische Dimensionen berücksichtigt werden. Mit der Klärung von Aufgaben und Verantwortlichkeiten schaffen die Lehr- und Fachpersonen günstige Voraussetzungen, damit die angestrebte Wirkung erzielt werden kann. Diese Klärung findet laufend statt, da Aufgaben- und Verantwortlichkeiten je nach Kind und Situation unterschiedlich sein oder sich verändern können.

Klassenlehrperson

Die Klassenlehrperson trägt die Hauptverantwortung für die Klassenführung und für alle Schülerinnen und Schüler der Klasse, auch für jene mit besonderen schulischen Bedürfnissen und Behinderungen. Sie ist demnach hauptverantwortlich für die Planung, Durchführung und Auswertung des Unterrichts, der die individuellen Lernmöglichkeiten und Leistungsgrenzen der Schülerinnen und Schüler berücksichtigt und zur Gemeinschaftsbildung beiträgt. Die Klassenlehrperson unterstützt die Lernenden dabei, sich ihren Möglichkeiten entsprechend zu entwickeln. Sie erstellt den Zwischenbericht und das Jahreszeugnis und stellt dabei auf die Beurteilungen des Klassenteams (Fachlehrpersonen und Fachpersonen) ab.

Eltern

Die Eltern informieren die Lehrpersonen oder die Schulleitung über Verhaltensänderungen ihres Kinds oder über Ereignisse, die sich in dessen Umfeld abspielen, soweit diese für den Schulalltag von Bedeutung sind. Sie haben die Pflicht, an Gesprächen teilzunehmen, die vom Gemeinderat, der Schulleitung oder einer Lehrperson angeordnet werden. Im Gegenzug haben die Eltern das Recht, in regelmässigen Abständen über den Stand der Leistungen und das Schulgeschehen unterrichtet zu werden und den Unterricht ihrer Kinder zu besuchen

Kinder und Jugendliche

Kinder und Jugendliche werden für ihre schulische Entwicklung entsprechend ihrem Alter und Entwicklungsstand einbezogen und übernehmen Verantwortung.

Schulische Heilpädagoginnen und -pädagogen

In den Aufgabenbereich von Schulischen Heilpädagoginnen und -pädagogen (SHP) gehören Kinder und Jugendliche mit Lernschwierigkeiten und Behinderungen, die von der Klassenlehrperson allein nicht ihren Bedürfnissen entsprechend gefördert werden können und für die eine heilpädagogische Unterstützung angezeigt ist sowie begabe Kinder, die vom Regelunterricht unterfordert sind. Neben der Arbeit mit dem Kind oder Jugendlichen umfasst der Arbeitsbereich der Schulischen Heilpädagoginnen und Heilpädagogen auch das beratende Gespräch mit den Lehrpersonen über mögliche Massnahmen im Unterricht, die entweder auf die Klasse oder das einzelne Kind ausgerichtet sind. Ebenso gehört die Beratung der Eltern dazu bzw. die Unterstützung der Lehrperson bei der Zusammenarbeit mit den Eltern. Für Schulleitungen sind Schulische Heilpädagoginnen und -pädagogen Ansprechpersonen zur Überprüfung, Sicherung und Weiterentwicklung der besonderen Förderung.

Schulische Heilpädagoginnen und -pädagogen sind hauptverantwortlich für die Förderplanungen. Diese sind bei angepassten Lernzielen zwingend zu erstellen. Auch bei längerer und/oder intensiver heilpädagogischer Unterstützung ist eine Förderplanung angezeigt, um festzuhalten, welche Ziele mit der Förderung angestrebt, welche Unterstützungsmassnahmen getroffen und wie diese koordiniert werden.

Logopädinnen und Logopäden

Logopädinnen und Logopäden behandeln grundsätzlich schulpflichtige Kinder und Jugendliche, die in der gesprochenen oder geschriebenen Sprache und Stimmfunktion beeinträchtigt sind, und führen die notwendigen Abklärungen und Kontrollen durch. Aufgaben im Bereich der Lese-/Rechtschreibschwäche können im Klassenkontext auch durch SHP wahrgenommen werden. Neben der Arbeit mit dem Kind oder Jugendlichen umfasst der Arbeitsbereich der Logopädinnen und Logopäden auch die fachliche Beratung der Lehrpersonen und SHP über mögliche Massnahmen im Unterricht. Ebenso gehört die Beratung der Eltern dazu. Für Schulleitungen sind Logopädinnen und Logopäden Ansprechpersonen zur Überprüfung, Sicherung und Weiterentwicklung der Unterstützung von Kindern und Jugendlichen mit Sprech- und Sprachstörungen. Sie leisten die in ihrem Bereich erforderliche Informationsarbeit.

Lehrperson Deutsch als Zweitsprache

Hauptaufgabe der Lehrperson für Deutsch als Zweitsprache ist die Unterstützung der Kinder mit unzureichenden Deutschkenntnissen beim Aufbau der notwendigen unterrichtssprachlichen Kenntnisse im Rahmen der Leitlinien der Schule. Die DaZ-Lehrperson fördert diese Kinder gezielt in Deutsch als Zweitsprache, damit sie möglichst rasch dem Unterricht folgen, erfolgreich lernen und sich im Schulalltag zurechtfinden können. Zu ihren Aufgaben gehören unter anderem die Sprachstandserhebung bei neu zugezogenen fremdsprachigen Kindern, die Festlegung der Förderbereiche und -ziele sowie die Koordination und Umsetzung der Massnahmen in Zusammenarbeit mit den beteiligten Lehrpersonen. Ebenso fungiert sie als Anlaufstelle für Lehrpersonen bei Fragen rund um das Unterrichten von fremdsprachigen Schülerinnen und Schülern. Die DaZ-Lehrperson ist hauptverantwortlich für die Förderplanung, die zwingend zu erstellen ist, sobald die Unterrichtsziele aufgrund von Fremdsprachigkeit nicht erreicht werden und eine Förderung und Beurteilung nach angepassten Lernzielen (aLz) erfolgt. Die Erstellung der Förderplanung hat jedoch in enger Zusammenarbeit mit der Klassenlehrperson und den involvierten Fachlehrpersonen zu erfolgen. Welche Personen im konkreten Fall welche Aufgaben übernehmen, ist schulintern abzusprechen.

Schulleitung

Die Schulleitung initiiert, fördert, koordiniert und evaluiert die schulischen Integrationsprozesse. Sie legt gegenüber dem Gemeinderat Rechenschaft ab. Sie steuert die Zuteilung der Ressourcen für die besondere Förderung. Dafür führt sie Gespräche mit den Lehr- und Fachpersonen. Sie organisiert und leitet die Expertenrunde mit dem Schulpsychologischen Dienst (SPD). Sind Laufbahnentscheide erforderlich (angepasste Lernziele, Zuweisung zur Kleinklasse), so bestätigt sie einvernehmliche Einschätzungen von Lehrpersonen und Eltern. Treten bei der Abstimmung der laufenden Arbeit Differenzen oder Konflikte auf, so ist sie Anlauf- und Schlichtungsstelle für alle beteiligten Personen.

Gemeinderat

Der Gemeinderat legt Leitlinien zum Ressourceneinsatz und zur Förderung von Schülerinnen und Schülern mit besonderen schulischen Bedürfnissen fest. Der Gemeinderat trifft alle Laufbahnentscheide, wenn sich die Eltern der Beurteilung der beteiligten Lehrpersonen nicht anschliessen können. Er entscheidet gemäss § 73 Abs. 1 und 2 des Schulgesetzes über die Zuweisung von Kindern und Jugendlichen mit Behinderungen oder erheblichen Beeinträchtigungen in eine Sonderschule. Er kann die Laufbahnentscheide an ein einzelnes Mitglied oder an die Schulleitung delegieren.

Übersicht zur Aufgabenteilung im Förderprozess (PDF, 1 Seite, 24 KB)