Besondere Förderung

Kinder und Jugendliche mit Auffälligkeiten des Sprechens und der Sprache

Kinder und Jugendliche mit einer Verzögerung oder Störung des Sprechens und der Sprache haben Anspruch auf eine angemessene Förderung, die von Fachpersonen mit entsprechender logopädischer Ausbildung erteilt werden.

Eine logopädische Förderung oder Therapie von Kindern und Jugendlichen der Regelschule kann dann nötig sein, wenn sie Auffälligkeiten im Spracherwerb, bei der Begriffsbildung, bei der Kommunikation sowie beim Lesen und Schreiben zeigen. Die Förderung, Therapie und Unterstützung von Kindern und Jugendlichen mit logopädischem Bedarf umfasst zusätzlich zum individualisierenden und gemeinschaftsbildenden Unterricht auch heilpädagogische Begleitung im Klassenunterricht. Lehrpersonen und Schulische Heilpädagoginnen und Heilpädagogen (SHP) können sich zusätzlich fachlich durch die behinderungsspezifische Beratung und Begleitung unterstützen lassen.

Phasen logopädischer Therapie

Die Förderung ist eine gemeinsame Aufgabe der Lehr- und Fachpersonen, welche in verschiedenen Prozessphasen unterschiedliche Funktionen wahrnehmen.

Übersicht zur Aufgabenteilung im Förderprozess (PDF, 1 Seite, 24 KB)

  1. Logopädische Erfassung im Kindergarten

    Die Durchführungsart der Erfassung liegt im pflichtgemässen Ermessen der Logopädinnen und Logopäden. Der systematische Einbezug von Beobachtungen der Lehrpersonen, SHP und DaZ-Lehrpersonen ermöglicht die Fokussierung der Abklärungen auf die auffälligen Kinder und wird empfohlen. Einbezogen werden auch die Beobachtungen der Eltern. Es werden keine logopädischen Reihenuntersuchungen durchgeführt.

    Logopädische Erfassung im Kindergarten (PDF, 2 Seiten, 268 KB)

    Beobachtungsbogen: Erfassung von Sprache und Kommunikation im Kindergarten (DOCX, 1 Seite, 69 KB)

  2. Erstabklärungen

    Erstabklärungen gehören zum Aufgabenbereich von Logopädinnen und Logopäden. Die Arbeit mit dem Kind, ein erstes Elterngespräch und ein Austausch mit der Lehrperson geben Hinweise zum möglichen Therapiebedarf. Die Organisation und die Festlegung im Stundenplan liegen in der Verantwortung der jeweiligen Schulleitung und sind mit dieser abzusprechen. Die Fachpersonen dokumentieren die durchgeführten Erstabklärungen und erstellen einen Fachbericht. Je nach Schweregrad des Störungsbilds ist mit einem Aufwand von bis zu sechs Stunden pro Erstabklärung zu rechnen.

  3. Logopädische Therapien

    Das logopädische Angebot wird zielgerichtet und individuell gestaltet. Lese- und Rechtschreibstörungen werden entweder durch eine logopädische Therapie oder durch heilpädagogische Unterstützung im Unterricht angegangen, wobei eine gleichzeitige Unterstützung durch zwei Personen möglichst vermieden werden soll.

    Neben der inhaltlichen Ausgestaltung ist auch die Organisationsform der Therapie bedeutsam. Diese orientiert sich an den Zielen der Therapieplanung und gegebenenfalls der Förderplanung:

    • Individuelle Einzeltherapie
    • Gruppentherapie mit Kindern mit ähnlichem Bedarf: Im Vordergrund stehen gemeinsame Entwicklungsziele. Die Schwere der Störung ist dabei von untergeordneter Bedeutung.
    • Intervalltherapie: Eine kontinuierliche Begleitung des Kinds oder Jugendlichen durch das Schuljahr findet in wechselnder Intensität und in unterschiedlichen Settings statt. Der Fokus liegt auf dem Erreichen sprachlicher Entwicklungsziele. Nach Erreichen eines Entwicklungsziels folgt eine Therapiepause.
    • Logopädisches Arbeiten in der Klasse: Logopädische Unterstützung beim Transfer von neuen Kompetenzen in den Schulalltag.

Wartelisten

Nicht alle Kinder und Jugendlichen mit durch die logopädische Fachperson ausgewiesenem Bedarf erhalten umgehend einen Therapieplatz. Über diese wird eine Warteliste geführt. Die Bewirtschaftung der Warteliste liegt in der Verantwortung der Schulleitung bzw. der zuständigen Instanz des Gemeinde- oder Zweckverbands und erfolgt durch diese in Zusammenarbeit mit der Fachperson Logopädie. Bei Gemeinde- oder Zweckverbänden oder bei Teams in grösseren Schulen wird empfohlen, eine zentrale Warteliste zu führen. Lehrpersonen und SHP erhalten in dieser Zeit fachliche Unterstützung durch die behinderungsspezifische Beratung und Begleitung

Zentrum ASS - Tagesschule, Therapie, Beratung

Zuweisung zur logopädischen Therapie

Logopädische Therapie mit Lernzielen gemäss Lehrplan

Die Zuweisung zur Logopädie erfolgt auf der Basis diagnostischer Prozesse durch logopädische Fachpersonen. Die Massnahmen sind dem Bedarf der Schülerin oder des Schülers angemessen und die Zuweisungen der Kinder und Jugendlichen erfolgt im Einvernehmen mit den Eltern. Fehlt die Zustimmung der Eltern, trifft der Gemeinderat nach Anhörung der Eltern einen beschwerdefähigen Entscheid. In Gemeinden, die zu einem Zweckverband für Logopädie zusammengeschlossen sind, übernimmt der Zweckverband die Aufgaben des Gemeinderats.

Logopädische Therapie mit Anpassung der Lernziele

Werden aufgrund der Störung des Sprechens und der Sprache die Lernziele gemäss Lehrplan in einzelnen Fächern nicht erreicht, wird zusätzlich zur Zuweisung zur logopädischen Therapie ein Laufbahnentscheid für angepasste Lernziele mindestens für die Dauer der Therapie getroffen. Dieser wird einvernehmlich zwischen Lehrpersonen und Eltern vereinbart. Die Vereinbarung wird durch die Schulleitung bestätigt. Bei Uneinigkeit entscheidet der Gemeinderat nach Anhörung der Eltern. Dieser Laufbahnentscheid ist beschwerdefähig.

Die Vereinbarung von angepassten Lernzielen ermöglicht, dass ein Kind trotz Sprachstörungen in seiner Klasse verbleiben und seinen Fähigkeiten entsprechend gefördert werden kann. Der Austausch mit dem Schulpsychologischen Dienst (SPD) in einer Expertenrunde wird empfohlen.

Formular Anpassung Lernziele (DOCX, 1 Seite, 75 KB)

Logopädische Therapie bei Verdacht auf Behinderung

Liegt ein Verdacht auf eine Behinderung durch eine "Schwere Störung des Sprechens und der Sprache" vor, ist eine Beurteilung durch den SPD zu prüfen.

Um den Verdacht auf eine Schwere Störung des Sprechens und der Sprache zu erhärten, müssen folgende Kriterien erfüllt sein:

  • Ein Kind zeigt eine Sprachentwicklungsstörung (schwere SES) im Sinne von ICD-11, (diagnostiziert durch logopädische Fachpersonen). Das heisst, das Kind zeigt deutliche Auffälligkeiten:
    • bei Mehrsprachigkeit in all seinen Sprachen
    • in der Regel im Sprachverständnis
    • in der Sprachproduktion meist auf allen linguistischen Ebenen,
    • in der Pragmatik-Kommunikation
    • macht trotz Therapie kaum Fortschritte
    • kann nicht durch eine andere Störung (Beeinträchtigung des Gehörs oder anderes) erklärt werden.
  • Die schwere SES verursacht deutliche Einschränkungen gemäss ICF (beurteilt durch den Schulpsychologischen Dienst). Das heisst die schwere SES führt:
    • zu starken Auswirkungen auf das schulische Lernen und die Leistung und somit auf die Entwicklung des Kindes im Kindergarten und der Schule und
    • zu einem ausgeprägten Leidensdruck des Kindes,
    • in der Regel zu psychosozialen Auffälligkeiten des Kindes (internalisiert oder exernalisiert).
    • deutlichen Einschränkungen der Teilhabe in Familie, Schule und Freizeit
  • Bei einer inkonsequenten phonologischen Störung oder verbalen Entwicklungsdyspraxie des Kindes mit altersgemässem Sprachverständnis zeigt sich der ausgeprägte Leidensdruck auch innerhalb der Familie, und das Kind macht trotz störungsspezifischem Therapieansatz kaum Fortschritte.

Bei mehreren Entwicklungsauffälligkeiten steht die Sprachentwicklungsstörung im Vordergrund des Unterstützungsbedarfs.

Sofern die Voraussetzungen erfüllt sind, kann eine Abklärung durch den SPD erfolgen.

Anmeldung zur Erstbeurteilung bei besonderem Bildungsbedarf auf Seite Behinderung

Umgang bei fehlendem Fachpersonal

Der Fachkräftemangel manifestiert sich bei den Fachpersonen Logopädie besonders stark. So sind diverse Stellen an der Aargauer Volksschule seit längerer Zeit ausgeschrieben und können nicht oder nur teilweise besetzt werden. Daraus ergeben sich herausfordernde Situationen für Gemeinden und Schulleitungen.

Angebotspflicht für Schulen

Bei logopädischen Abklärungen oder logopädischen Therapien handelt es sich um ein schulisches Angebot, es herrscht somit eine Angebotspflicht. Wie bei allen Angeboten der Volksschule ist auch die Logopädie für Schülerinnen und Schüler beziehungsweise deren Eltern unentgeltlich. Die Gemeinden entscheiden, wie dieses Angebot zur Verfügung gestellt wird. Die Unentgeltlichkeit erlischt, wenn die Eltern eigenständig ein Angebot für ihr Kind bestellen, ohne, dass die Gemeinde dies inklusive Kostengutsprache vor dem Besuch bewilligt hat.

Anstellung von Logopädinnen und Logopäden

Die Logopädinnen und Logopäden werden mittels Lektionenverpflichtung aus dem Ressourcenkontingent der jeweiligen Schule und unter Vorgaben des Gesetzes über die Anstellung von Lehrpersonen angestellt. Mit der Möglichkeit des Ressourcentransfers können sich mehrere Schulen zu einem Sprachheilverband zusammenschliessen. Auch hier gelten die Grundlagen des GAL und der Verordnung Ressourcierung.

Zusammenarbeit mit selbständig erwerbenden Logopädinnen und Logopäden

Um der Angebotspflicht nachzukommen, kann die Zusammenarbeit mit selbständig erwerbenden Logopädinnen/Logopäden gesucht werden. Dabei gilt Folgendes:

  • Der Logopäde/die Logopädin lässt sich via GAL anstellen und die entsprechenden Ressourcen aus dem Ressourcenkontingent werden für die logopädische Therapie eingesetzt. Ein allfälliger Differenzbetrag zwischen GAL-Lohn und der Rechnungsstellung der selbständig erwerbenden Fachperson Logopädie (bspw. begründet durch eigene Vorsorgeversicherungen, Miete von Praxisräumlichkeiten …) wird durch die Gemeinde direkt an die Logopädin bzw. an den Logopäden bezahlt.
  • Lässt sich der Logopäde/die Logopädin nicht via GAL anstellen, so trägt die Gemeinde, analog zu anderen Sachkosten im Bildungsbereich, 100 % der Kosten.
    Ausnahme: Je nach medizinischer Diagnose werden die Kosten für die logopädische Therapie durch die Krankenkasse übernommen. Vor Beginn der Therapie muss eine Verordnung durch eine Ärztin oder einen Arzt ausgestellt worden sein.
    Allfällig eingesparte Lektionen aus dem Ressourcenkontingent stehen der Schule weiterhin zum Einsatz zur Verfügung.

Andere Lösungen im Umgang mit dem Ressourcenkontingent oder dem Personalaufwand respektive der Anstellungsmodalitäten lässt die kantonale Gesetzgebung nicht zu.

Ausblick

Das Projekt MAGIS setzt sich mit dem Fachpersonenmangel auseinander. In diesem Zusammenhang wird eine Überprüfung der Form in der logopädischen Grundversorgung vorgenommen.

Logopädiemontoring

Schulleitungen und Sprachheilverbände erstatten dem Departement BKS jährlich Bericht zur logopädischen Therapie. Der Link zur webbasierten Erhebung wird den Schulen und Sprachheilverbänden jeweils Ende Februar per E-Mail zugestellt. Die Logopädinnen und Logopäden melden der Schulleitung bzw. der Leitung des Sprachheilverbands per Stichtag 15. März die Anzahl der Kinder bzw. Jugendlichen nach Schulstufe (Kindergarten, Primarschule, Oberstufe). Erfasst werden die Kinder und Jugendlichen, die sich in einer Behandlung, einer Behandlungspause oder auf einer Warteliste befinden sowie die Anzahl der Beratungen. Die Daten werden für statistische Zwecke und das Monitoring verwendet.