Umsetzung der Förderung
Die Förderung der Kinder und Jugendlichen ist darauf ausgerichtet, dass sie ihr Potenzial erkennen und ausschöpfen können. Ziel ist, wenn immer möglich die im Lehrplan umschriebenen Kompetenzen zu erwerben.
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Die Förderung ist eine gemeinsame Aufgabe der Lehr- und Fachpersonen, welche in verschiedenen Prozessphasen unterschiedliche Funktionen wahrnehmen. Die Ausrichtung der Förderung ist je nach Schulstufe auf spezifische Leitziele ausgerichtet.
Aufgabenteilung im Förderprozess
Kinder und Jugendliche mit besonderem Bildungsbedarf machen deutlichere Lernfortschritte, wenn die individualisierten Förderangebote mit dem gesamten Unterrichtsgeschehen verknüpft sind und dabei inhaltliche, soziale und didaktische Dimensionen berücksichtigt werden. Während der Förderung werden die Phasen "Beobachtung und Einschätzung", "Planung und Umsetzung" und "Überprüfung und Beurteilung" unterschieden. Mit der Klärung von Aufgaben und Verantwortlichkeiten schaffen die Lehr- und Fachpersonen günstige Voraussetzungen, damit die angestrebte Wirkung erzielt werden kann.
Verantwortlichkeiten der Klassenlehrperson
Die Klassenlehrperson trägt die Hauptverantwortung für die Klassenführung und für alle Schüler und Schülerinnen der Klasse, auch für jene mit besonderen schulischen Bedürfnissen und Behinderungen. Sie ist demnach hauptverantwortlich für die Planung, Durchführung und Auswertung des Unterrichts, der die individuellen Lernmöglichkeiten und Leistungsgrenzen der Schülerinnen und Schüler berücksichtigt und zur Gemeinschaftsbildung beiträgt. Die Klassenlehrperson unterstützt die Lernenden dabei, sich ihren Möglichkeiten entsprechend zu entwickeln. Sie erstellt den Zwischenbericht und das Jahreszeugnis und stellt dabei auf die Beurteilungen des Klassenteams (Fachlehrpersonen und Fachpersonen) ab. Die Gewichtung der Beurteilungsbelege zur Ermittlung einer Note oder zur Begründung eines Laufbahnentscheids bei angepassten Lernzielen liegt im pflichtgemässen Ermessen der Lehrpersonen.
Verantwortlichkeiten der Schulischen Heilpädagoginnen und -pädagogen
In den Aufgabenbereich von Schulischen Heilpädagoginnen und -pädagogen (SHP) fallen Kinder und Jugendliche mit Lernschwierigkeiten und Behinderungen, die von der Klassenlehrperson allein nicht ihren Bedürfnissen entsprechend gefördert werden können und für die eine heilpädagogische Unterstützung angezeigt ist. Neben der Arbeit mit dem Kind oder Jugendlichen umfasst der Arbeitsbereich der SHP auch das Gespräch mit den Lehrpersonen über mögliche Massnahmen im Unterricht, die entweder auf die Klasse oder das einzelne Kind ausgerichtet sind. Ebenso gehört die Beratung der Eltern dazu bzw. die Unterstützung der Lehrperson bei der Zusammenarbeit mit den Eltern. Für Schulleitungen sind SHP Ansprechpersonen zur Überprüfung, Sicherung und Weiterentwicklung des Umgangs mit besonderen schulischen Bedürfnissen.
SHP sind hauptverantwortlich für die Förderplanungen. Diese sind bei angepassten Lernzielen zwingend zu erstellen. Aber auch bei längerer und/oder intensiver heilpädagogischer Unterstützung ist eine Förderplanung angezeigt, um festzuhalten, welche Ziele mit der Förderung angestrebt, welche Unterstützungsmassnahmen getroffen und wie diese koordiniert werden.
Verantwortlichkeiten der Logopädinnen und Logopäden
Logopädinnen und Logopäden behandeln grundsätzlich schulpflichtige Kinder, die in der gesprochenen oder geschriebenen Sprache und Stimmfunktion beeinträchtigt sind, und führen die notwendigen Abklärungen und Kontrollen durch. Zu ihrem Aufgabenbereich gehört auch die Behandlung schulpflichtiger Kinder, die in der geschriebenen Sprache beeinträchtigt sind.
Aufgaben aus diesem Bereich können auch durch Legasthenietherapeutinnen und -therapeuten oder SHP wahrgenommen werden. Neben der Arbeit mit dem Kind oder Jugendlichen umfasst der Arbeitsbereich der Logopädinnen und Logopäden auch die fachliche Beratung der Lehrpersonen und SHP über mögliche Massnahmen im Unterricht. Ebenso gehört die Beratung der Eltern dazu. Für Schulleitungen sind Logopädinnen und Logopäden Ansprechpersonen zur Überprüfung, Sicherung und Weiterentwicklung der Unterstützung von Kindern und Jugendlichen mit Sprech- und Sprachstörungen. Sie leisten die in ihrem Bereich erforderliche Informationsarbeit.
Verantwortlichkeiten der Schulleitung
Die Schulleitung initiiert, fördert, koordiniert und evaluiert die schulischen Integrationsprozesse. Sie legt gegenüber dem Gemeinderat darüber Rechenschaft ab. Sie steuert die Zuteilung der Ressourcen für die besondere Förderung. Dafür führt sie Gespräche mit den Lehr- und Fachpersonen, um den Förderbedarf und den Bedarf an Ressourcen aufzunehmen. Sie organisiert und führt die Expertenrunde mit dem Schulpsychologischen Dienst (SPD). Sind Laufbahnentscheide erforderlich (angepasste Lernziele, Zuweisung zur Kleinklasse), so bestätigt sie einvernehmliche Einschätzungen von Lehrpersonen und Eltern. Treten bei der Abstimmung der laufenden Arbeit Differenzen oder Konflikte auf, so ist sie Anlauf- und Schlichtungsstelle für die beteiligten Personen.
Verantwortlichkeiten des Gemeinderats
Der Gemeinderat legt Leitlinien zum Ressourceneinsatz und zur Förderung von Schülerinnen und Schülern mit besonderen schulischen Bedürfnissen fest. Der Gemeinderat trifft alle Laufbahnentscheide, wenn sich die Eltern der Beurteilung der beteiligten Lehrpersonen nicht anschliessen können. Er entscheidet gemäss § 73 Abs. 1 und 2 des Schulgesetzes über die Zuweisung von Kindern und Jugendlichen mit Behinderungen oder erheblichen Beeinträchtigungen in eine Sonderschule. Er kann die Laufbahnentscheide an ein einzelnes Mitglied oder an die Schulleitung delegieren.
Abläufe in der Regelschule, wenn angepasste Lernziele (aLz) erwogen werden
In der Regel wird die Förderung der Kinder und Jugendlichen darauf ausgerichtet, dass die Lernziele des Lehrplans erreicht werden. Diese Förderung liegt in der Kompetenz und der Verantwortung der Lehrpersonen. Besondere Unterstützung ist angezeigt, wenn sich Schwierigkeiten oder besondere Herausforderungen ergeben
- bei schlechten oder ungenügenden Schulleistungen oder unangemessenen Leistungen, die nicht dem Potenzial und den Erwartungen entsprechen (Minderleistende)
- bei Problemen im Verhalten oder der Interaktion
- bei Auffälligkeiten im Bereich der Emotionalität, Motorik, Kognition, Sprache und Kommunikation sowie der Wahrnehmung (Basisfunktionen des Lernens)
Bei Schülerinnen und Schülern sind in denjenigen Fächern, in denen sie wegen ihrer Lernschwierigkeiten die Lernziele nach Lehrplan nicht erreichen können, mindestens für die Dauer der therapeutischen Massnahme entsprechend angepasste Lernziele festzusetzen (vgl. Promotionsbestimmungen).
Zur Seite "Promotion & Übertritte"
Prozessphasen bei heilpädagogischer Förderung
Während der Förderung werden die Phasen "Beobachtung und Einschätzung", "Planung und Umsetzung" und "Überprüfung und Beurteilung" unterschieden.
Beobachtung und Einschätzung
Spontane Wahrnehmungen und zielgerichtete Beobachtungen tragen dazu bei, die Lern- und Leistungsvoraussetzungen der Kinder und Jugendlichen wirklichkeitsnah zu erfassen. Differenzierte Einschätzungen werden durch pädagogische Diagnostik gewonnen, so beispielsweise
- Erhebungen zum Lern- und Entwicklungsstand, z.B. Screenings
- Lehr- und Lerngespräche
- Austausch und gemeinsame Reflexion
Leitend für die Beobachtungen und die pädagogische Diagnostik sind Fragestellungen der Lehrpersonen und der SHP. Sie fokussieren insbesondere auch Stärken und Fähigkeiten der Schülerinnen und Schüler sowie förderliche und hinderliche Bedingungen des Unterrichts und der Schule.
Nützliche Anknüpfungspunkte für die Fördermassnahmen ergeben sich auch aus dem Einbezug der Eltern. Mit ihnen kann ein gemeinsames Problemverständnis entwickelt werden, indem aus verschiedenen Perspektiven eine Einschätzung der Gesamtsituation vorgenommen wird. Der Abgleich der Beobachtungen und Wahrnehmungen dient als Grundlage für den schulischen Förderprozess. Ein geeignetes Verfahren ist das schulische Standortgespräch.
Bleiben nach der Beobachtungsphase wichtige Fragen offen oder stellt sich aufgrund der gemachten Erfahrungen heraus, dass eine günstige Entwicklung nur mit angepassten Lernzielen möglich ist, empfiehlt sich die Erörterung in einer Expertenrunde mit dem SPD.
Auf dem Portal der Volksschule Zürich sind diverse Informationen sowie Unterstützungsmaterialien zum Schulischen Standortgespräch zu finden.
Informationen zum Schulischen Standortgespräch der Bildungsdirektion Kanton Zürich
Planung und Umsetzung
Expertenrunde
In diesem kurzen Austausch (20 min) zwischen SPD und Lehr- und Förderfachpersonen wird geklärt,
- ob die Unterrichtsplanung auf die Erreichung der Lernziele nach Lernplan ausgerichtet ist,
- ob eine Abklärung aus der Sicht und in der Verantwortung der SHP angezeigt ist,
- ob eine Abklärung zur erweiterten Beurteilung aus schulpsychologischer Sicht notwendig ist,
- ob weitere Fachstellen einbezogen werden,
- ob und in welchen Fächern angepasste Lernziele festgelegt werden,
- ob Folgebesprechungen im Einzelfall notwendig sind.
Die Schulleitung stellt die Unterlagen der Lehrpersonen vor der Expertenrunde dem SPD zu. Sie moderiert die Expertenrunde und hält die Ergebnisse fest. Dadurch ist sie über die Fragestellungen der Schülerinnen und Schüler mit besonderen schulischen Bedürfnissen informiert.
Förderplanung und Förderjournal
Förderplanung und Förderjournal werden für alle Schülerinnen und Schüler erstellt, die heilpädagogisch gefördert und nach angepassten Lernzielen unterrichtet werden. Sie können auch bei länger dauernder oder intensiver Unterstützung ohne angepasste Lernziele eingesetzt werden, beispielsweise im Kindergarten. Das Förderjournal ist eine Übersicht mit Daten zum Ablauf der förderdiagnostischen Massnahmen. Es wird im LehrerOffice erfasst. In der Förderplanung werden halbjährlich die wichtigsten Lern- und Entwicklungsziele festgelegt – möglichst unter Einbezug der Lernenden – sowie die geplanten Massnahmen und die dafür verantwortlichen Lehrpersonen. Die Förderplanung ist wegweisend für die Unterrichtsvorbereitung der einzelnen Lehrpersonen. Lern- und Entwicklungsziele erfüllen folgende Kriterien:
- Sie sind positiv formuliert.
- Sie sind konkret beschrieben.
- Sie beziehen den schulischen und familiären Kontext mit ein.
- Sie sind innerhalb eines halben Jahrs erreichbar.
- Sie sind überprüfbar.
Überprüfung und Beurteilung
Standortbestimmungen finden bei angepassten Lernzielen halbjährlich statt. Lehrpersonen und SHP gleichen Informationsstand und Erfahrungen untereinander ab, überprüfen Lern- und Entwicklungsziele und vereinbaren nächste Entwicklungsschritte. Kind und Eltern werden vorzugsweise parallel dazu von der Lehrperson und/oder der SHP einbezogen. Aus den Ergebnissen der halbjährlichen Standortbestimmung werden Ziele und Massnahmen für die nachfolgende Förderplanung abgeleitet. Es kann auch die Aufhebung der angepassten Lernziele vereinbart werden. Die Beurteilung nach dem ersten Semester erfolgt mittels Zwischenbericht vorwiegend förderorientiert, die Ausstellung des Jahreszeugnisses am Ende des Schuljahrs ist selektionswirksam. Die Koordination und das Festhalten der Ergebnisse in der Förderplanung übernimmt die SHP. Für den Zwischenbericht und das Jahreszeugnis ist die Klassenlehrperson hauptverantwortlich.
Prozessphasen bei logopädischer Therapie
Bei der logopädischen Therapie können folgende Prozessphasen unterschieden werden:
Logopädische Erfassung im Kindergarten
Die Durchführungsart der Erfassung liegt im pflichtgemässen Ermessen der Logopädinnen und Logopäden. Empfohlen wird der systematische Einbezug von Beobachtungen der Lehrpersonen, SHP und DaZ-Lehrpersonen, was die Fokussierung der Abklärungen auf die auffälligen Kinder ermöglicht. Aufschlussreich ist auch die Sicht der Eltern. Logopädische Reihenuntersuchungen im Kindergarten und Reihenuntersuchungen zu Beginn der Primarschule zur Früherkennung von Schriftspracherwerbsauffälligkeiten müssen nicht durchgeführt werden.
Erstabklärungen
Die Erstabklärungen gehören zum Aufgabenbereich von Logopädinnen und Logopäden oder von Legasthenietherapeutinnen und -therapeuten. Die Arbeit mit dem Kind, ein erstes Elterngespräch und ein Austausch mit der Lehrperson geben Auskunft über einen möglichen Therapiebedarf. Die Anmeldung zur Abklärung erfolgt in der Regel direkt durch die Eltern. Die Organisation und die Festlegung im Stundenplan liegen in der Verantwortung der jeweiligen Schulleitung und sind in jedem Fall mit dieser abzusprechen. Die Fachpersonen dokumentieren die durchgeführten Erstabklärungen und erstellen einen Fachbericht. Je nach Schweregrad des Störungsbilds ist mit einem Aufwand von bis zu sechs Stunden pro Erstabklärung zu rechnen.
Logopädische Therapie
Das logopädische Angebot (inkl. Therapie bei Lese-/Rechtschreibstörungen) wird zielgerichtet und individuell gestaltet. Neben der inhaltlichen Ausgestaltung ist auch die Organisationsform der Therapie bedeutsam. Diese orientiert sich an den Zielen der Therapieplanung und gegebenenfalls der Förderplanung:
- Individuelle Einzeltherapie
- Gruppentherapie mit Kindern mit ähnlichem Bedarf: Im Vordergrund stehen gemeinsame Entwicklungsziele. Die Schwere der Störung ist dabei von untergeordneter Bedeutung.
- Intervalltherapie: Eine kontinuierliche Begleitung des Kinds oder Jugendlichen durch das Schuljahr findet in wechselnder Intensität und in unterschiedlichen Settings statt. Der Fokus liegt auf dem Erreichen sprachlicher Entwicklungsziele. Nach Erreichen eines Entwicklungsziels folgt eine Therapiepause.
- Logopädisches Arbeiten in der Klasse: Logopädische Unterstützung beim Transfer von neuen Kompetenzen in den Schulalltag.
Wartelisten
Zu Beginn des Kindergartens erfolgt die Erfassung aller Kinder mit Sprachauffälligkeiten und Sprachstörungen. Wartelisten sind deshalb kaum zu vermeiden. Die Bewirtschaftung der Warteliste liegt in der Verantwortung der Schulleitung bzw. der zuständigen Instanz des Gemeinde- oder Zweckverbands und erfolgt durch diese in Zusammenarbeit mit der Fachperson Logopädie. Sie wird nach fachlichen Kriterien vorgenommen. Bei Gemeinde- oder Zweckverbänden oder bei Teams in grösseren Schulen wird empfohlen, eine zentrale Warteliste zu führen.
Stufenspezifische Umsetzung
Im Folgenden werden Leitgedanken und Besonderheiten der stufenspezifischen Umsetzung der Förderung von Kindern und Jugendlichen dargelegt.
Kindergarten
Im Kindergarten stehen folgende Leitgedanken im Zentrum für die Förderung:
- Basisfunktionen des Lernens stärken: Emotionalität, Motorik, Wahrnehmung, Kognition, Sprache
- Gemeinschaftsfähigkeit fördern
- Voraussetzungen für das schulische Lernen schaffen
Besonderheiten bei der Umsetzung
Die heilpädagogische Unterstützung im Kindergarten ist situationsbezogen und auf die Gemeinschaftsbildung ausgerichtet. Vorteilhaft sind Lernsettings, in welchen Lehrperson und SHP die besonderen Bedürfnisse der Kinder gemeinsam beobachten, einschätzen und unterstützen können. Lehrpersonen und SHP intervenieren systemisch und Umfeld bezogen. Sie arbeiten an den Basisfunktionen des Lernens und den Vorläuferfertigkeiten mit dem Ziel, gute Voraussetzungen für das schulische Lernen zu schaffen. Wichtige Vorläuferfähigkeiten sind: phonologische Bewusstheit, mengen- und zahlenbezogenes Vorwissen sowie Bewältigungsstrategien. Besondere Bedeutung haben die Gemeinschaftsbildung und die Integration der einzelnen Kinder in die Gruppe. Im Vordergrund steht deshalb die Förderung in der Kindergartengruppe. Diese Form ist geeignet, die Tragfähigkeit der Gruppe und die Gemeinschaftsfähigkeit der Kinder zu stärken. Einzelförderung ist nur für kurze Trainingssequenzen vorzusehen.
Über die heilpädagogische Unterstützung der Kinder im Kindergarten entscheiden die Kindergartenlehrperson und die Fachperson für Heilpädagogik gemeinsam. Bei offenen Fragen ist eine Expertenrunde mit dem SPD unter Führung der Schulleitung angezeigt, bei der das weitere Vorgehen beschlossen und festgelegt wird, ob eine Abklärung zur gesicherten Beurteilung aus schulpsychologischer Sicht erfolgen soll. Formelle Zuweisungen zu angepassten Lernzielen gibt es im Kindergarten nicht.
Heilpädagogische Früherziehung im Kindergartenalter
Heilpädagogische Früherziehung (HFE) beginnt in der Regel in den ersten Lebensjahren. Im Kindergartenalter ist HFE dann angezeigt, wenn aufgrund von Entwicklungsauffälligkeiten des Kinds im häuslichen Umfeld eine Unterstützung und Beratung der Eltern erwünscht ist. Alle Massnahmen der HFE setzen das Einverständnis und die Kooperationsbereitschaft der Eltern voraus. Die HFE findet im häuslichen Umfeld der Familie statt, Ausnahmen können bei vereinzelten Gruppenangeboten gemacht werden. Die HFE schafft im Zeitraum von der Geburt bis zum Eintritt in die Primar- oder Sonderschule unterstützende Entwicklungsbedingungen für Kinder, die in ihrer Entwicklung beeinträchtigt sind. Auf der Grundlage der Internationalen Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit (ICF) wirkt die HFE auf Umfeldfaktoren ein mit dem Ziel, die kindlichen Aktivitäten zu erweitern und die Partizipation (Teilhabe) des Kindes in seiner jeweiligen Lebenssituation zu begünstigen. Die Inhalte und Zielsetzungen für die verschiedenen Bildungs- und Beratungsangebote werden immer gemeinsam mit den Eltern erarbeitet. Diese werden dadurch bei ihren Erziehungsaufgaben unterstützt und in ihrer Erziehungskompetenz gestärkt.
Primarschule
In der Primarschule sind folgende Leitgedanken für die Förderung zentral:
- Basiskompetenzen aufbauen
- Förderung in der individuellen "Zone der nächsten Entwicklung"
- fachdidaktische Fragestellungen mit besonderer Bedeutung
Besonderheiten bei der Umsetzung
Die heilpädagogische Unterstützung in der Primarschule oder in der Kleinklasse soll die Kinder befähigen, mit ihren Lernschwierigkeiten auf geeignete Art umgehen zu können, damit sie möglichst die grundlegenden Lernziele erreichen. Um dies zu erreichen, kann es in einzelnen Fachbereichen nötig sein, vorübergehend angepasste Lernziele zu setzen. In Einzelfällen werden diese bis zum Abschluss der Primarschule aufrechterhalten.
Auch in der Primarschule ist die Arbeit an den Basisfunktionen des Lernens wichtig. Zunehmendes Gewicht erhalten aber auch fachdidaktische Fragestellungen, besonders in den Fächern Deutsch und Mathematik. Die SHP arbeitet sowohl direkt mit den Schülerinnen und Schülern als auch über die Beratung der (Fach-)Lehrpersonen. Wie im Kindergarten ist auch in der Primarschule die Integration der Kinder mit besonderen Bedürfnissen in ihre Klasse der Regelfall und ein wichtiges Anliegen. Die Unterstützung erfolgt deshalb so oft wie möglich im gemeinsam geführten Unterricht und so wenig wie nötig in separierten Formen. Bedeutsam für die Förderung ist, die Ziele so zu setzen, dass sie für das Kind eine Herausforderung darstellen, die es meistern kann, wenn es sich anstrengt – dass also die Ziele in seiner individuellen "Zone der nächsten Entwicklung" liegen.
Begabungsförderung mit heilpädagogischer Unterstützung
Etwa jedes achte Kind mit überdurchschnittlichen Begabungen kann gemäss einer Schweizer Studie (FLR-Studie Margrit Stamm, 2009) die Leistungen, die seinem Potenzial entsprechen würden, nicht erbringen. Die Gründe für solche Minderleistungen sind vielfältig: Teilleistungsschwächen wie Lese-/Rechtschreibstörungen (LRS), Aufmerksamkeitsdefizite (ADHS), ein geringes Selbstwertgefühl oder eine wenig ausgeprägte Lern- und Leistungsmotivation. Mit präventiver und aufbauender Förderarbeit werden in solchen Fällen Fehlentwicklungen vermieden. Schulen können Lektionen aus dem Ressourcenkontingent bei besonders begabten, leistungsbereiten Kindern einsetzen, die ihr Potenzial nicht abrufen können.
Lese-/Rechtschreibstörung und Rechenstörung
Lese-/Rechtschreibstörungen (Legasthenie) werden entweder durch eine Logopädie- oder Legasthenietherapie oder durch heilpädagogische Unterstützung im Unterricht angegangen, wobei eine gleichzeitige Unterstützung durch zwei Personen möglichst vermieden werden soll.
Rechenstörungen (Dyskalkulie) können im Rahmen der integrierten Heilpädagogik angegangen werden. Falls nötig können in diesem Fall angepasste Lernziele vereinbart werden. Erfolgt die Dyskalkulietherapie ausschliesslich durch eine ausserschulische Stelle, so beschränkt sich der Handlungsspielraum in der Schule auf individualisierende und differenzierende Elemente im Unterricht. Angepasste Lernziele und Notenbefreiung sind in diesem Fall nicht zulässig.
Oberstufe
Folgende Leitgedanken sind in der Oberstufe zentral:
- Realistische Ziele für den Übertritt in die Berufsbildung oder eine weiterführende Schule erarbeiten
- Ausrichtung der Förderplanung auf die dafür erforderlichen Schlüsselkompetenzen
- Gezieltes, individuelles Aufarbeiten relevanter Kompetenzen
Besonderheiten bei der Umsetzung
An der Oberstufe ist die Vorbereitung des Übertritts in die Berufsbildung oder in eine weiterführende Schule von grosser Bedeutung (vgl. Handreichung Berufsorientierung). Schülerinnen und Schüler mit Lernschwierigkeiten gehören zur Gruppe derjenigen Jugendlichen, die sich diesbezüglich besonderen Herausforderungen stellen müssen. Lehrpersonen und SHP unterstützen die Jugendlichen dabei, eine realistische Einschätzung der individuellen Stärken und Schwächen zu gewinnen und geeignete Berufsfelder zu finden. Die heilpädagogische Förderung richtet sich nach den massgeblichen Kompetenz- und Anforderungsprofilen. Neben der Stärkung dieser Kompetenzen gehört gezieltes, individuelles Aufarbeiten relevanter Kompetenzbereiche zum Förderschwerpunkt. Wo nötig können vorübergehend angepasste Lernziele vereinbart werden. In Einzelfällen werden diese bis zum Abschluss der Volksschule aufrechterhalten.
An der Oberstufe erfolgt die heilpädagogische Unterstützung in der Regel in der Realschule, sofern keine Kleinklassen geführt werden. Jugendliche in der Sekundar- und Bezirksschule werden heilpädagogisch gefördert, wenn Schwierigkeiten aufgrund von unangemessenen Schulleistungen bei Minderleistenden auftreten, sich Probleme im Verhalten oder der Interaktion manifestieren oder sich Auffälligkeiten im Bereich der Basisfunktionen des Lernens (Emotionalität, Motorik, Kognition, Sprache und Kommunikation, Wahrnehmung) zeigen. Die heilpädagogische Unterstützung darf kein Nachhilfeunterricht bei einem allfällig notwendigen Wechsel des Oberstufentyps sein.
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Berufsberatung
Die Beratungsdienste für Ausbildung und Beruf Aargau (ask!) verfügen über ein umfassendes Informations- und Beratungsangebot. In den vier Info-Zentren in Aarau, Baden, Rheinfelden und Zofingen finden sich Informationen, Entscheidungshilfen und Antworten auf individuelle Fragen bei der Suche nach Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten auf allen Stufen. Ab der zweiten Klasse der Oberstufe kann eine persönliche Beratung in Anspruch genommen werden. Die Dienstleistungen sind unentgeltlich, unabhängig, freiwillig und vertraulich. Sie umfassen:
- Informationen zu Berufen, Mittelschulen, Brückenangeboten, Schnupperlehren und Lehrstellen
- Klären von Interessen und Fähigkeiten
- Erarbeiten von Ausbildungszielen
- Auswerten von berufskundlichen Informationen
- Beurteilen von beruflichen Möglichkeiten und Ausbildungswegen
- Entscheidungs- und Realisierungshilfe
IV-Berufsberatung
Zur Sicherstellung einer rechtzeitigen Diagnose im Hinblick auf die Berufswahl und allfällige IV-Massnahmen ist eine Abklärung beim Schulpsychologischen Dienst (SPD) rund zwei Jahre vor Ende der Volksschule vorzusehen (gemäss § 4 Abs. 5 Verordnung Schulung und Förderung bei Behinderungen). Damit wird eine Basis geschaffen namentlich im Hinblick auf Abklärungen der Invalidenversicherung für die künftige berufliche Eingliederung (gemäss Art. 14 IVG).
Die IV-Berufsberatung richtet sich an Personen, die wegen einer Behinderung oder einer gesundheitlichen Beeinträchtigung bei der Berufswahl eingeschränkt sind. In Beratungsgesprächen und allenfalls mit psychologischen Tests wird ein persönliches Profil erstellt. So werden die Fähigkeiten und Neigungen sowie die Interessen in Bezug auf eine der gesundheitlichen Situation angepasste Beschäftigung erhoben. Es können auch praktische berufliche Abklärungen auf dem Arbeitsmarkt oder in spezialisierten Institutionen vorgenommen werden. Erforderlich sind eine Anmeldung durch die Eltern sowie ein Fragebogen, der durch die Lehrperson auszufüllen ist. Die Anmeldung sollte im zweitletzten Schuljahr erfolgen. Die entsprechenden Dokumente sind im Online-Schalter der SVA Aargau verfügbar.
Informationsblätter für Lehrpersonen zu Beeinträchtigungen
Das Schweizer Zentrum für Heil- und Sonderpädagogik hat Informationsblätter für Lehrpersonen, die Lernende mit verschiedenen Störungen und Beeinträchtigungen in der Regelklasse begleiten, erarbeitet. Neben Informationen über die Art der jeweiligen Störung / Behinderung und deren Auswirkungen auf das Lernen werden auch konkrete pädagogische Anpassungen des Unterrichts und Massnahmen des Nachteilsausgleichs vorgeschlagen. Ausserdem beinhalten die Informationsblätter Hinweise auf weiterführende Literatur. Im Einführungsdokument wird beschrieben, wie die vorgeschlagenen Praktiken und Massnahmen der einzelnen Merkblätter umgesetzt werden können. Zusätzlich enthält es eine Liste mit verallgemeinerbaren Elementen, die helfen, den Unterricht für alle Lernenden zugänglich zu machen.
- Einführungsdokument (PDF, 689 KB) (öffnet in einem neuen Fenster) Das Linkziel ist nicht barrierefrei.
- Dyspraxie (PDF, 474 KB) (öffnet in einem neuen Fenster) Das Linkziel ist nicht barrierefrei.
- Dysphasie (PDF, 465 KB) (öffnet in einem neuen Fenster) Das Linkziel ist nicht barrierefrei.
- Dyskalkulie (PDF, 495 KB) (öffnet in einem neuen Fenster) Das Linkziel ist nicht barrierefrei.
- Aufmerksamkeitsdefizitstörung (PDF, 518 KB) (öffnet in einem neuen Fenster) Das Linkziel ist nicht barrierefrei.
- Autismus-Spektrum-Störung (PDF, 582 KB) (öffnet in einem neuen Fenster) Das Linkziel ist nicht barrierefrei.
- Kognitive Beeinträchtigungen (PDF, 463 KB) (öffnet in einem neuen Fenster) Das Linkziel ist nicht barrierefrei.
- Visuelle Beeinträchtigungen (PDF, 483 KB) (öffnet in einem neuen Fenster) Das Linkziel ist nicht barrierefrei.
Instrumente zum Förderprozess
- Anmeldung für Expertenrunde (PDF, 134 KB) (öffnet in einem neuen Fenster)
- Schweigepflichtsentbindung & Zustimmung fachlicher Austausch (PDF, 134 KB) (öffnet in einem neuen Fenster)
- Einwilligung zur Aktenübersendung (DOCX, 39 KB) (öffnet in einem neuen Fenster)
- Förderplanungen erstellen im Kontext des Aargauer Lehrplans (PDF, 802 KB) (öffnet in einem neuen Fenster)
- Vorlage "Lernvereinbarung" (DOCX, 66 KB) (öffnet in einem neuen Fenster)
- Broschüre "Schulische Standortgespräche" der Bildungsdirektion Kanton Zürich (öffnet in einem neuen Fenster)