Nachteilsausgleich bei Behinderung

Für Schülerinnen und Schüler mit einer ausgewiesenen Behinderung kann ein Nachteilsausgleich vereinbart werden. Dieser bezieht sich ausschliesslich auf benotete, selektionswirksame Leistungsnachweise. Bei einem Nachteilsausgleich werden die Lernziele des regulären Lehrplans beibehalten.

Bundesverfassung und Behindertengleichstellungsgesetz verpflichten Bund und Kantone zu Massnahmen, um Benachteiligungen von Menschen mit einer Behinderung zu verhindern, zu verringern oder zu beseitigen. Diesem Anspruch kann die Volksschule in vielen Fällen mit Massnahmen des individualisierenden Unterrichts genügen. Wenn in Prüfungssituationen generelle Anpassungen vorgenommen werden, ist eine formelle Vereinbarung zum Nachteilsausgleich angezeigt. Voraussetzung dafür ist eine durch den Schulpsychologischen Dienst (SPD) ausgewiesene Behinderung (Art, Schweregrad, Auswirkungen) und das nachgewiesene oder angenommene altersgemässe kognitive Potential, um die regulären Lehrplanziele erreichen zu können. Eine medizinische Diagnose (Autismusspektrumsstörung, Aufmerksamkeitsdefizit/Hyperaktivitätsstörung, etc.) bedeutet nicht automatisch, dass eine Behinderung (gemäss §2a VSBF) vorliegt.

Ablauf bei Verdacht auf Behinderung

  • Die Klassenlehrperson oder die Fachperson Schulische Heilpädagogik (SHP) bzw. Sprachheilfachperson nimmt im Einverständnis mit den Eltern bei Verdacht auf eine Behinderung Kontakt mit dem Schulpsychologischen Dienst (SPD) auf und klärt mit diesem, zum Beispiel im Rahmen einer Expertenrunde, ob der Verdacht begründet und eine Anmeldung beim SPD sinnvoll ist. Stellt sich nach der Abklärung beim SPD heraus, dass eine Behinderung oder schwere Beeinträchtigung besteht, wird ein Fachbericht erstellt, der eine Diagnose und Angaben zu Auswirkungen der schweren Störung enthält.
  • Ist eine Behinderung beziehungsweise tiefgreifende Entwicklungsstörung ausgewiesen, wird geprüft, ob dem Kind oder Jugendlichen daraus ein schulischer Nachteil erwächst. Ist das der Fall, prüft die Schule, ob die regulären Lernziele zu erreichen sind.
  • Sind die Voraussetzungen für einen Nachteilsausgleich aufgrund des Fachberichts SPD gegeben, werden die notwendigen Massnahmen geplant. Die Massnahmenplanung erfolgt in der Regel durch die SHP oder die Sprachheilfachperson in Absprache mit den Lehrpersonen.
  • Können sich Eltern und Klassenlehrperson oder SHP bzw. Sprachheilfachperson nicht über einen Nachteilsausgleich einigen, können die Eltern diesen direkt bei der Schulleitung beantragen. Bei Uneinigkeit fällt der Gemeinderat beziehungsweis die damit beauftragte Stelle auf Antrag einen beschwerdefähigen Entscheid.

Massnahmen zum Nachteilsausgleich

Die Massnahmen zum Nachteilsausgleich werden aufgrund der Auswirkungen auf Aktivität und Partizipation individuell festgelegt und in einer Vereinbarung festgehalten. Sie sind bezogen auf die aktuelle Lernsituation verhältnismässig (weder Aufgabenerleichterung noch Bevorzugung) und gegenüber den Mitlernenden, Lehrpersonen und Vorgesetzten ohne lange Erläuterungen und 'guten Gewissens' vertretbar, nachvollziehbar und kommunizierbar.

Da die Lehrplanziele der jeweiligen Klasse beibehalten werden, hat der Nachteilsausgleich keinen Einfluss auf die Beurteilung und wird im Zeugnis nicht vermerkt.

Beispiele für formell vereinbarte Massnahmen zum Nachteilsausgleich in Prüfungssituationen

  • Zeitzuschläge bei Prüfungen
  • mündliche anstelle von schriftlichen Prüfungen (oder umgekehrt)
  • Prüfungsdurchführung in separatem Zimmer
  • zusätzliche Erholungspausen
  • Begleitung durch Assistenzperson (bei körperlicher, gesundheitlicher oder sensorischer Beeinträchtigung)
  • Einsatz von behinderungsspezifischen Hilfs- und Arbeitsmitteln
  • weitere organisatorische, technische oder methodische Massnahmen

Leistungstests (Checks)

Nachteilsausgleichsmassnahmen können auch bei Leistungstests (Check P3, Check P5, Check S2, Check S3) angewendet werden, obwohl die Checks förderorientiert sind, nicht benotet werden und nicht promotionswirksam sind. Bei der Lehrstellensuche können Leistungstests jedoch bedeutsam sein. Die betroffenen Schülerinnen und Schüler sollen ihre Kompetenzen unter Abmilderung behinderungsbedingter Nachteile zeigen können. Voraussetzung ist, dass dies technisch möglich ist.

Vorgehen bei schwerer Lese- und Rechtschreibstörung (LRS) oder schwerer Rechenstörung (RS)

Ein formaler Nachteilsausgleich ist ausschliesslich bei einer schweren Form der LRS oder RS möglich. Der Schweregrad der LRS oder RS wird vom Schulpsychologischen Dienst beurteilt. Als Grundlage dient ein Fachbericht der Fachperson für Logopädie (LRS) oder der Fachperson für Heilpädagogik (RS).

Checkliste zur Einschätzung einer schweren Lese- und Rechtschreibstörung (LRS) vor einer Anmeldung beim SPD

  • Das Kind befindet sich frühestens am Ende der 3. Klasse.
  • Die Lesefertigkeit und/oder das Lesesinnverständnis sind eingeschränkt.
  • Die Rechtschreibfähigkeiten sind eingeschränkt.
  • Die Testwerte liegen 2 Standardabweichungen unterhalb der Altersnorm (T-Wert kleiner 30, Prozentränge 1-3).
  • Es besteht eine Diskrepanz zwischen Lese- und Schreibleistungen und anderen schulischen Leistungen (Mathematik, mündliche Sprache, NMG).
  • Das Leistungspotential liegt mindestens im Normbereich.
  • Es liegen keine weiteren Einschränkungen (z. B. Sehprobleme) vor.
  • Der Verlauf beim Erwerb der Lese- und Rechtschreibkompetenzen ist trotz Therapie langsam oder stagniert.
  • Störungsbewusstsein und/oder Leidensdruck sind vorhanden.
  • Massnahmen des individualisierenden Unterrichts werden angewendet.
  • Es zeigen sich Auswirkungen im Alltag des Kindes.

Kriterien Nachteilsausgleich bei schwerer Lese- und Rechtschreibstörung (LRS) (PDF, 2 Seiten, 226 KB)

Checkliste zur Einschätzung einer schweren Rechenstörung (RS) vor einer Anmeldung beim SPD

Die schwere RS besteht seit den frühen Anfängen des Rechenlernens.

  • Die schwere RS kann nicht auf eine Intelligenzminderung, mangelnde Beschulung, auf De-fizite beim Hören, Sehen oder motorische Störungen oder auf ein Förderdefizit zurückgeführt werden.
  • Es besteht eine Diskrepanz zwischen den Rechenleistungen und den Leseleistungen, dem Leseverständnis sowie der Rechtschreibung und den Leistungen im Fachbereich Natur, Mensch Gesellschaft.
  • Die Beeinträchtigung zeigt eine konstant tiefe Leistungserbringung.
  • Ausschlusskriterium: Da es sich um eine isolierte RS gemäss ICD 10 F81.2 handelt, dürfen in der Vorgeschichte keine ausgeprägten Lese- oder Rechtschreibschwierigkeiten bestanden haben.
  • Störungsbewusstsein und/oder Leistungsdruck sind vorhanden.
  • Verschiedene Massnahmen des individualisierenden Unterrichts werden angewendet.
  • Die beschriebene Störung behindert eine Schulausbildung oder die alltäglichen Tätigkeiten, die Rechenfertigkeiten erfordern.

Kriterien Nachteilsausgleich bei schwerer Rechenstörung (RS) (PDF, 2 Seiten, 290 KB)

Rechtliche Grundlagen

Informationen zu diesem Inhalt

Schulleitung, Schuladministration,